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Blicken auf den günstigen Zeitpunkt, wo er, wie
der Blitz, auf das sorglose Hühnchen herabstür-
zen kann. Der Mensch bemerkt ihn kaum in der
ungeheüren Höhe; aber das Auge des Huhnes er-
kennt ihn sehnell und deiitlich; es weiss, dass ihm
Gefahr drohet, und fliehet desshalb noch zur rech-
ten Zeit. Die Küchelchen, welche die alte vor-
sichtige Henne ausführt, kennen noch keine Ge-
fahr; aber sie verstehen genau die ängstlich war-
nende Stimme der Mutter und sammeln sich, wenn
sie dieselbe vernehmen, sogleich folgsam und schüch-
tern unter ihre schützenden Flügel. Der Wurm
und die Maus schlüpfen behende in ihre Löcher,
wenn sie ihre Feinde bemerken; die Affen, die
Heerden der Seehunde, der Steinböcke, Gemsen
und Gazellen stellen sogar, um sicher ruhen oder
weiden zu können, Wachen aus, und werden von
diesen durch ein ganz besonderes Geschrei gewarnt,
wenn ein Jäger, oder sonst eine Gefahr sich ihnen
nahet. Die Pferde und Esel stellen sich, wenn sie in
der Wildniss leben und von den Wölfen, wie es oft
der Fall ist, angegriffen werden, mit den Köpfen,
eng aneinander und wehren sich mit dgji Hinter-
füssen so kräftig und geschickt, dass selbst diese
reissenden Thiere ihnen nicht beikommen können.
Der Ochs, das Rennthier, der Hirsch, die Böcke
und andere gehörnte Thiere behalten ihren Feind
im Gesicht und vertheidigen sich mit den Hörnern,
während andere Thiere, besonders die Raubthiere
mit scharfem Gebiss um sich heissen, wenn sie an-
gegriffen werden. Die Schnecken, die Muschel-
thiere und Schildkröten ziehen sich in ihre Haiiser
zurück, und der Igel wickelt sich in seine Sta-
cheln. Das Stachelschwein kann selbst der furcht-
bare Löwe nicht besiegen. Viele Puppen und Kä-
fer stellen sich todt, und die Scorpione, die Wes-
pen, die Bienen, Hummeln und viele Fliegen ma-
chen sich furchtbar durch ihre schmerzhaften, ja
selbst tödlichen Stiche. Die Wasservögel, z. B.
die Taucher, die Wasserhühner und viele wilde
Entenarten tauchen behende unter das Wasser,
wenn sie sich für bedrohet halten, und kommen
158
immer heftiger, wühlte mit ungeheürer Gewalt in den
Fluthen und schleüderte das Fahrzeüg, welches eine
Last von vielen Tausend Pfunden trug, leicht wie einen
Ball gegen den düstern Himmel, während sich daneben
eine eben so grausige Tiefe eröffnete, in welche das
Schiff jählings hinabstürzte. Überall, wo ich hinschau-
te,^ hohe Wasserberge abwechselnd mit fürchterlichen Ab-
gründen, rings um mich wildes Toben und schauriges
Eturmgeheül, über mir der rollende Donner und der
zuckende Blitz", kurz: Alles vereinigte sich, um meine
Angst auf das höchste zu steigern. Schon wollte auch
die letzte Hoffnung sinken; schon glaubte ich, hier
mein sicheres Grab zu finden: als sich endlich der
Sturm legte, und die große Waffermasse, wenn auch
nach langem Wogen und unter stetem Schwanken des
Schiffes, doch allmählich seinen wagerechten Stand
wieder einnahm. Freüdetrunken begrüßte ich nun die
hervorbrechende Sonne, welche den umgebenden Mee-
resspiegel erleuchtete, der auch im ruhigen Zustande der
Wunder sehr viele für mich enthielt. Unter der Menge
mir größtentheils unbekannter Thiere, welche hie und
da auftauchten, fesselten mich besonders die Corallen,
welche eine pftanzenähnliche Gestalt haben, und deren
ausgebreitete Äste nach und nach so mit Schlamm und
Sand ausgefüllt werden, daß ich sie oft als Felsspitzen
und nicht selten als ganze Inseln über das Meer her-
vorragen sah. Des Nachts ergötzte mich haüfig der
leüchtende Glanz des Wassers, der — wie ich
wußte — bald durch die Reibung des Schiffes, bald
durchs die verfaulten Seethiere, bald durch andere le-
bende Thiere, wie die Seesterne und Medusen, erzeügt
wird. Bisweilen unterhielt ich mich auch mit. den
Schiffern, welche mir nicht nur von andern gefährlichen
Seefahrten erzählten, sondern von denen ich auch er-
fuhr, wie im Eismeere ganze Eisfelder, ja sogar große
Eisinseln umherschwimmen, mit heftigem Getöse an
einander prallen, sich oft zu hohen Eisbergen aufthür-
men, Brücken bauen, finstere Höhlen bilden und unter
stetem Knallen und Krachen dem Auge immer neüe
Gestalten darstellen. Während dabei der Himmel dem
noch entfernten Schiffer mit einem weißlichen Scheine
(Eisblick) entgegenleüchte, seien in der Nähe bisweilen
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245
von der See her auf ihren stachen Kähnen die Weser
und Elbe aufwärts plündernd und raubend in Deütsch-
land eindrangen. Die schlimmsten Unholde aber wa-
ren die rohen Ungarn, welche haüfig zu Hilfe gerufen
wurden, wenn die Slaven sich der Deutschen nicht
mehr allein erwehren konnten. Wie der Blitz waren
sie im deütschen Lande, durchstreiften cs auf schnellen
Rossen in seiner ganzen Lange, raubten alles Vieh,
führten die Menschen als Sklaven fort; und ermannte
sich das deutsche Volk ja einmal zu muthigcm Wider-
stande: so waren die Ungarn meist schon wieder zum
Lande hinaus, ehe die schwerfälligen Rüstungen der
Deütschen zu Stande kamen. Alles das mußte der da-
malige König Konrad geschehen lassen, da er selbst
mit t deütschen Fürsten in stetem Kriege war. Sein
vorzüglichster Gegner war der Herzog Heinrich von
Sachsen, ein Nachkomme Wittekinds. Ihn konnte
Konrad nicht besiegen. Wie würde das eine kleine
Seele zu Haß und Rache gestachelt haben! Hören wir,
was Konrad that! Als er dem Tode nahe kam, lag
ihm seines Deütschlands Unglück recht schwer auf dem
Herzen. Wer soll nun helfen? dachte er. Ich konnte
es nicht, weil Heinrichs Hand zu schwer auf mir lag;
denn er war kräftiger, als ich. Halt! ich habe den
Mann! Er soll Deütschlands Netter sein! Und er em-
pfahl Heinrichen den deütschen Fürsten mit libergchung
des eigenen Bruders zu seinem Nachfolger als König
von Deütschland. Die deütschen Fürsten sollen Hein-
richen, als sie ihm die Krone brachten, auf dem Vo-
gelheerde gefunden haben. Darum heißt er der Vog-
ler oder Finkler bis auf den heütigen Tag. Ihm ge-
lang es, in einer Schlacht gegen die Ungarn einen
vornehmen Anführer derselben gefangen zu nehmen.
Für die Frergebuttg desselben gewährten ihm die Un-
garn einen ncünjährigen Waffenstillstand. Aber nun
legte Heinrich nicht etwa die Hände in den Schoos,
oder schwelgte und praßte bei glänzenden Festen. Nein!
in ganz Deütschland sah man ihn herumcilen. Hier
ließ er offene Orte mit Mauern umgeben, wohin die
Wehrlosen ftüchten könnten, wenn das ungarische Un-
gcthüm wieder einbräche; dort übte er das Fußvolk im
Waffengcbrauche, um dem Feinde eine feste Lanzen-
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Extrahierte Personennamen: Konrad Heinrich_von
Sachsen Heinrich Konrad Konrad Konrad Konrad Heinrichs Heinrichs Heinrich Heinrich
288
Nutznießung auf Lebenszeit: so kam es doch ganz auf
ihn an, ob er die Kinder auf demselben lassen wollte
oder nicht; und verjagte er sie wirklich nickt: so kam
wenigstens nach des Vaters Tode einer der Aufseher
des Herren und zog aus dem Stalle das beste Pferd
u. s. w. Wie würde euch das gefallen? Unter so
traurigen Umstanden trat der Sohn des Vaters Erb-
schaft an. Mit allen Kräften suchte er seine Wirt-
schaft empor zu bringen; aber wenn er eben mit ei-
ner Arbeit beschäftigt war, deren Aufschub ihm den
größten Schaden bringen mußte: da kam der Frohn-
voigt und riß ihn aus derselben heraus, um des
Herrn Arbeit zu thun. Ihr habt auch frohnen müs-
sen und müßt es zum Theile noch; aber eüre Frohnen
sind doch wenigstens durch gesetzliche Bestimmungen be-
schränkt, und in der Ablösung, wie schwere Opfer sie
auch auferlegt, ist eüch ein Mittel gegeben, wenigstens
eüre Kinder solcher Lasten zu entledigen. Daß durch
die Bedrückungen, welchen eüre Vorfahren unterwor-
fen waren, bisweilen ein edles Gemüth zu Zorn und
Widerstand aufgeregt wurde, darf uns nicht Wunder
nehmen. Wehe aber dem Unglücklichen, der es wagte,
auf diese Art seiner Menschenrechte eingedenk zu sein!
Die furchtbarsten Mißhandlungen wurden sein Loos;
denn einen Bauer todgeprügelt zu haben, kostete dem
Herrn höchstens eine tüchtige Geldstrafe. — Ihr liegt
auch bisweilen im Streit mit eüren Herren, und ich
möchte nicht sagen, daß ihr allemal Recht hättet; aber
wenn ihr Unrecht leidet: so wißt ihr, wo ihr zu kla-
gen habt. Gegen Mißhandlungen gar schützt eüch das
Recht; schützt eüch die höhere Bildung unserer Zeitge-
nossen überhaupt; schützt eüch die öffentliche Meinung,
welche den Thäter mit dem Cainszeichen brandmarken
würde. Ei, sagt ihr vielleicht, wenn man es unfern
Vorfahren so gar arg machte, warum ließen sie sich
das gefallen? Ich hätte meine Grundstücke verkauft
und wäre in das nächste Dorf gezogen, oder ich hätte
mich in die Stadt gewendet und hätte da ein Hand-
werk gelernt, oder ich wäre nach America gegangen. —
Ihr glücklichen Menschen, die ihr so sprechen dürft!
Nach America, das hätten sie aus begreiflichen Grün-
den wohl lassen müssen; aber auch in die Stadt, in
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293
viehischen Balgereien, welche man damals Schlachten
nannte, mit den wilden Thieren des Waldes sich herum-
tummeln — war ihr Geschäft; sich unter die Tische
trinken — ihre Erholung; ihre Güter in abgeschmack-
ten Kleidungen, wie in Schuhen mit ellenhohen Schnä-
beln und in Pluderhosen aus hundert Ellen Tuch zu
vergeuden — ihr Slolz; und wenn sie das Alles nicht
haben konnten: so wollten die unwissenden rohen Men-
schen vor Langeweile fast sterben. Wenn ihr das Glück
nennt, ja da waren jene Junker überaus glückliche
Leute. Ich glaube aber, ihr werdet mir nicht viel da-
gegen sagen, wenn ich behaupte, daß diejenigen unter
unfern jetzigen Edelleüten, welche im Landbau, in den
Wissenschaften, in den wichtigen Diensten, die sie dem
Staate leisten, ihr Geschäft, ihre Erholung und ihren
Stolz suchen, weit glücklichere und achtungöwerthere
Menschen sind, als jene Junker.
Wo nun Alles fortgeschritten ist zum Bessern, da
werden wahrlich diejenigen nicht zurückgeblieben sein,
welche obenan stehen im Staate. Ja, auch die Für-
sten sind aufgeklärter geworden und glücklicher. Nicht
mehr Lieblingsneigung ist ihnen der Krieg, sondern
traurige Nothwendigkeit, wenn es ihre Staaten zu
schützen gilt; lieber wenden sie ihre Kraft auf das loh-
nende Geschäft, die Segnungen des Friedens in Acker-
bau und Gewerbe, Kunst und Wissenschaft zu verbrei-
ten. Nicht mehr vergeuden sie in prunkhaften Gela-
gen den Schweiß des Volkes; sie wissen mit Geschmack
und Sparsamkeit zu genießen. Nicht mehr sind Hof-
narren und Pritschmeister die Gegenstände ihrer Ergötz-
lichkeit; sie haben feinere Geistesnahrung kennen und
würdigen gelernt. Zwar umstehen nicht zitternde Skla-
ven ihren Thron, sondern Bürgerund Bauer nahet
sich ihnen, mit dem Vertrauen, daß die Gesetze vor
Willkür schützen; aber Willkür wollen die Fürsten auch
nicht, und wohl wissen sie, daß ein über seine Rechte
und Pflichten aufgeklärtes Volk die beste Schutzwehr
ist gegen den Übermuth bevorrechteter Kasten, welcher
im Mittelalter gar manchen Fürsten unglücklich gemacht,
und gegen den Bannspruch verblendeter Priester, wel-
cher im Mittelalter gar manchen Fürsten von Land
und Leüten gejagt hat. — So ist es denn besser ge-
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— 338 —
tung schöner Blumen, die Beschädigung der Baume
galt ihnen für das, was es war, für den Ausbruch
der Rohheit, die im Schlechten ihre Lust sucht. Sie
wußten, wie einst ein Mensch auf der Stelle blind
geworden war, dem ein Anderer die Augen so lange
fest zugedrückt hatte, bis jener errathen würde, wer
hinter ihm stehe. Sie hatten nicht vergessen, wie ein-
mal einige Buben sich verabredeten, einen furchtsamen
Menschen in der Nacht durch eine häßliche Verkleidung
zu erschrecken, der aber dadurch sein ganzes Leben hin-
durch elend blieb, weil ihm der Schreck das große Lei-
den der Epilepsie oder der fallenden Sucht zugezogen
hatte; und sie begriffen kaum, wie es möglich sei, daß
so schändliche Streiche, durch welche man sogar zum
Mörder werden kann, von einigen nur für einen un-
schuldigen Spaß genommen wurden. Richards Söhne
und Töchter traten in die Fußstapfen ihrer Eltern.
Jene bildeten sich zu ehrenwerthen Männern, die ihre
Sache verstanden, und an denen man überall die
Schute erkannte, in berste erzogen waren; diese über-
trafen schon als Mädchen manche Hausfrau an nützli-
chen Fertigkeiten, die sie sich unter Anleitung der treuen
Mutter angeeignet hatten. Im Nahen und Stricken
hatten sie es schon weit gebracht; sie besserten sehr ge-
schickt ihre schadhaften Kleidungsstücke aus; sie hatten
die Regeln inne, gut zu waschen, zu bleichen, zu plat-
ten, und wußten den Schaden zu verhüten, welchen
ungeschickte Hände dabei anrichten; waren sie in der
Küche beschäftigt: so durfte man nicht befürchten, daß
sie ein Unglück anrichten möchten, wie es Unwissende
gethan haben, welche auf die Beschaffenheit des Koch-
geschirrs, auf die schlechte und dann sehr gefährliche
Glasur der irdenen Gefäße, auf den Gebrauch der
kupfernen Kessel u. s. w. keine Rücksicht nahmen; die
mit den Giftpflanzen so wenig vertraut waren, daß
sie selbst den Schierling von der Petersilie und vom
Kerbel nicht unterscheiden konnten, oder Getränke und
Speisen auftrugen, welche in zinnernen Schüsseln und
Kannen erkaltet waren und lange gestanden hatten.
Sie zeichneten sich nicht durch eitle Putzsucht, sondern
durch Reinlichkeit und Nettigkeit in ihrem Anzuge aus;
ein Vorzug, der eben so wenig ihren Brüdern fehlte.
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9q
krüppelung ist die traurige Folge. Wenn ihr einen
buckligen Menschen seht, Kinder: so lacht ja nicht!
Ihr hättet wohl eher Ursache traurig zu sein, wenn
ihr eüch recht lebhaft vorstellt, daß ihr ähnliches Un-
glück eüren Geschwistern, durch nachlässige Behand-
lung, oder auch selbst durch wilde Unvorsichtigkeit zu-
zichcn könnt. — Von den sieben obern Nückgrathswir-
beln gehn auf beiden Seiten nach vorn hochgewölbte
Nippen. Sie sind leicht mit dem Brustbeine verbun-
den, welches oberhalb auf beiden Seiten durch die
Schlüsselbeine sich an die Arme und den Hals an-
schließt, und bilden so die Brusthöhle. An den näch-
sten fünf Wirbeln sitzen auf jeder Seite kleinere Rip-
pen, welche von obenher die Bauchhöhle schützen.
Durch das ganze Rückgrath geht das Rückenmark,
eine Fortsetzung des Gehirns, mit welchem es ganz
gleiche Beschaffenheit har, und von diesem Nücken-
marke aus springen auf beiden Seiten Fäden, die
Nerven, hervor, deren Hauptbestandtheil ebenfalls
Mark ist, und welche sich durch den ganzen Körper bis
in die äußersten Fingerspitzen verbreiten.
3) Das Verdauungsgeschäft.
Die nächsten Wochentage war Ehrmann genöthigt,
seine Unterhaltungen zu unterbrechen. Er hatte die
Kinder wieder auf den Sonntag vertröstet; aber schon
war die Vesperzeit herangekommen, ohne daß er ein
Wort hatte Horen lassen. Die Kinder aßen noch, da
fingen sie an zu mahnen. — Warum eßt ihr denn,
Kinder? fragte Ehrmann. — Daß wir groß wachsen,
war die einstimmige Antwort. — Ich wachse ja aber
nicht mehr und esse doch I — Die Kinder schwiegen. —
Christoph hatte zwar eine Antwort auf der Zunge;
aber er getraute sich nicht heraus. — Was geschieht,
wenn ihr Haare und Nägel verschneidet ? — Sie wach-
sen wieder. — Vor einem Vierteljahre riß mir ein
Hund sin tüchtiges Stück Fleisch aus der Wade. Ist
das Loch noch da? — Nein, es ist frisches Fletsch
nachgewachsen. — Wie viel Schweiß vergießen wir
an einem einzigen heißen Sommertage, und doch ist
dessen Quelle unerschöpflich. Ja, Kinder, Haut,
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Extrahierte Personennamen: Ehrmann Ehrmann Christoph
110
sicht, Zweck und Mittel richtig zu urtheilen: so will
ich euch jetzt einige Gelegenheit geben, euren Verstand
darin zu üben. — Die Bienen tragen Saft und Staub
der Blumen zusammen und machen Honig und Wachs.
Die Murmelthiere schlafen ruhig ihren Winterschlaf,
während die Zugänge ihrer Höhle mit Moos und Heu
verstopft sind. Der Bauer pflügt, besäet und egget
seine Felder, bevor er Früchte erntet. Der Jäger läßt
von dem Hunde sich das Wild aufspören, stellen und
hereinschleppen, nachdem er ihn abgerichtet hat. _______
Was ist in diesen vier Mittheilungen Zweck, was Mit-
tel? Jetzt gebeich eüch aber Mittel, sagt mir diezwecke:
Lumpen sammeln, Steine schmelzen, Flachs spinnen,
die Sense dengeln, die Pferde schirren. Ich gebe eüch
Zwecke, sucht die Mittel,: Butter machen, Körner schüt-
ten, Brod backen, verständig werden, Geld verdienen,
gutes Obst ziehen. Der erreichte Zweck kann wieder
das Mittel zur Erreichung eines andern Zweckes wer-
den. Es ist z. B. finster; ich schlage Stein und Stahl
zusammen, zwischen welche ich Schwamm gelegt habe;
das sind die Mittel, durch welche ich zu meinem Zwecke
komme, Licht zuerhaltcn; dieß erhaltene Licht aber be-
nutze ich selbst wieder als Mittel zum Zwecke des Ar-
beitens. — Welches sind daher die Mittel zu dem
Zwecke: Holz klein zu machen — und zu welchem Zwecke
ist: Holz klein machen selbst wieder ein Mittel? Be-
trachtet nach dieser doppelten Rücksicht die Mittelzwecke:
Fleisch raüchern, Glas machen, den Acker reinigen.
Ihr seht also, es war eüch nickt gar zu schwer,
über Zweck und Mittel zu urtheilen. Ganz anders aber
ist es, wenn ihr über die Absichten eines Menschen ur-
theilen wollt. Ob der Reiche bei Ertheilung eines Al-
mosens die Erleichterung des Unglücklichen, oder seinen
Ruhm zur Absicht hatte; ob der Sparsame aus Geiz,
oder für geheime wohlthätige Zwecke diese Tugend übt;
ob überhaupt Jemand bei seinen Handlungen gute oder
böse Absichten hatte: das läßt sich häufig gar schwer
entscheiden. Man thut daher am besten, die edlere Ab-
sicht vorauszusetzen, so lange das Gegentheil nicht er-
wiesen, oder höchst wahrscheinlich gemacht ist. — Da
man jeden Vorgang, durch welchen Etwas geschieht,
eine Ursache, und den llmftand, welcher durch die Ur-
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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246
mauer und gute Schützen entgegen zu stellen; dort
lehrte er die schwerfälligen deütschen Reiter ihre Rosse
handhaben, um den fliehenden Rotten deutsche Schwer-
ter in den Nacken zu schicken; dort führte er die Trup-
pen vom Übungsplätze zu ernsterem Kampfe über die
slavischen Grenzen, um durch Unterjochung dieser Völ-
ker den Ungarn ihre Bundesgenossen zu rauben. So
waren die ncün Jahre verflossen. Wie Heüschrecken-
schwärme fielen die Ungarn aufs neüe über Deütsch-
land her 933. Bei Merseburg erwartete sie Heinrich;
die Schlacht war blutig und hartnäckig; aber Gott
half; die Ungarn wurden besiegt. Was von ihnen in
der Schlacht nicht gefallen war, das erschlugen die er-
bitterten Bauern. Von da an wagten sie erst nach
zwei und zwanzig Jahren einen neüen Einfall in
Deutschland; aber Heinrichs Sohn, Otto, schlug sie
bei Augsburg auf die blutige, raubgierige Faust. Da
blieben sie hübsch daheim, ließen die Deütschen ihre
Felder bauen und bauten die ihrigen,
3) Die Mark Meißen. Konrad. Otto
der Reiche.
Obgleich das Herzogthum Sachsen, welchem Hein-
rich der Vogler Vorstand, bevor er König von Deutsch-
land wurde, weit weg von uns im nördlichen Deütsch-
land lag: so ist eö doch auch sehr merkwürdig gewor-
den für das Land, welches jetzt Königreich Sachsen
heißt. Du weißt, daß Heinrich vor Erneüerung des
Kampfes mit den Ungarn slavische Länder unterjochte.
Unter diesen befand sich auch das Sorbenland auf
beiden Seiten der Elbe von der böhmischen Grenze bis
über Torgau hinunter und von der Elbe westwärts
biß zur Mulde. Freilich ward dieses neüeroberte
Grenzland fortwährend von den benachbarten Böhmen,
Schlesiern und Polen angegriffen. Um nun dasselbe
zu schützen und zugleich das Ofterland zu decken, wel-
ches westlich dahinter zwischen Mulde und Saale auf
beiden Seiten der Elster und Pleiße lag, legte Heinrich
an der Elbe die Burg Meißen an und setzte dahin
Grafen, welche, weil sie an der Grenze oder Mark be-
fehligten, Markgrafen von Meißen genannt wurden.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrichs Otto Konrad Konrad Otto Vogler Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Ungarn Merseburg Deutschland Sachsen Sachsen Torgau
6
womit er seine Wohnung erbaut, das Zimmerholz, das sein Dach trägt,
die Kohlen und das Brennholz, die ihn im Winter wärmen, die Früchte
seines Feldes, sein Heu und viele andere Dinge, könnte er sich, dabei der
Hülfe des Pferdes nicht bedienen? Ach, und wie oft erfährst du, edles
Thier, dessenungeachtet die schamloseste Undankbarkeit! —Wie oft wird
dein Maul vom harten Gebisse unbarmherzig zerrissen, deine Seiten mit
Wunden bedeckt, dein Huf oft bis in's Fleisch hinein mit Nägeln durch-
bohrt! Jede deiner anmuthigen Bewegungen unterliegt dem alltäglichen
Zwange der Fesseln; wenn deine Jugend im heißen Kriegsdienste geopfert
war, bist du nur zu oft im Alter verlassen, oder durch die härtesten Arbei-
ten entehrt und zu täglichen Mißhandlungen verurtheilt!
So wie wir das Pferd eben geschildert haben, ist es freilich nur erst
nach und nach durch des Menschen sorgsame Pflege und strenge Zucht gleich
von Jugend auf geworden. Die wilden oder vielmehr verwilderten
Pferde, — denn eigentlich wilde soll es nicht mehr geben, — die in vie-
len Theilen Asiens, Afrika's und Amerika's noch in zahlreichen Heerden
zwanglos umherstreichen, sind doch etwas anderer Art, kleiner, weniger edel
von Gestalt und Haltung und bei weitem unbändiger. Jede solche Heerde
wird in der Regel von einem muthigen Hengste angeführt, der ihr den
Weg zeigt, sie weiter ziehen oder halten läßt, wie es ihm eben beliebt.
Kommt es mit irgend einem Feinde zum Kampfe: so ist er der erste, der
sich der Gefahr preisgiebt. Außerdem ist er äußerst wachsam und thätig;
er macht häufig die Runde in seiner Heerde und hält sie, wie der Hund die
Schafheerde, stets zusammen. Es scheint, als sage ihm ein geheimer Jn-
stinct, daß ihre Kraft nur in der Vereinigung von Vielen liege. Zeigt sich
ein Raubthier, ein Löwe, Tiger, Panther oder Wolf, die häufig auf sie
Jagd machen: so fliehen sie entweder auf das schnellste oder stellen sich,
wenn Flucht nicht mehr möglich ist, sogleich mit den Köpfen gedrängt zu-
sammen und vertheidigen sich gemeinschaftlich mit den Hinterfüßen; und
wehe dem Raubthiere, das von dem kräftigen Hufschlage getroffen wird!
Es stehet entweder nicht wieder auf oder sucht wenigstens eiligst seine
Rettung in der Flucht. Nur von der Heerde versprengte junge oder schwache
Pferde werden gewöhnlich ihre Beute, weil das Naubthier diese von vorn
angreift und sie beim Kopfe mit Riesenkraft niederreißt. Jeder anführende
Hengst verdankt seine hohe Würde der eigenen Kühnheit, die er so lange
behauptet, bis ein anderer noch kräftigerer sie ihm oft erst nach hartem
Kampfe entreißt.
Den neuesten Berichten der Reisenden zufolge sind die wilden Pferde
besonders häufig auf den großen Hochebenen Mittelasiens, von wo sie sich
bis zum tiefsten Süden Afrika's verbreitet haben, ferner in den weiten
fruchtbaren Ebenen und Wüsten südlich vom la Plata-Strome, wie auch
in den Steppen nordwestlich von Texas in Amerika. Auch in Australien
finden sich welche, sind jedoch sowohl dorthin, als auch nach Amerika erst
nach Entdeckung dieser Länder durch die Spanier gekommen. Stolz auf
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Extrahierte Ortsnamen: Asiens Mittelasiens Texas Amerika Amerika